Dem Geheimnis alter Farben im Dom auf der Spur

Welche Holzfiguren gibt es im Freiberger Dom und wie viele? Wer hat sie geschnitzt und bemalt? All dem geht ein kleines Projekt-Team derzeit akribisch auf den Grund.

Von Wieland Josch

Freiberg - In einer Nische des Doms St. Marien sieht es gerade gar nicht wie in einem alten Gotteshaus aus. Eher glaubt man, in ein modernes Labor geraten zu sein. An einem großen Tisch sitzt Tino Simon. Vor sich hat der Diplom-Restaurator und Wissenschaftliche Mitarbeiter an der Hochschule für Bildende Künste Dresden einen Computer, auf dem er sich ein rötliches Bild anschaut. Es zeigt einen kleinen Ausschnitt von der Farbgebung einer der 54 spätgotischen Einzelfiguren, die es im Dom gibt. Akribisch registriert Simon alles, was ihm auffällt, um es anschließend in eine Datenbank einzugeben.

Derzeit beschäftigt er sich mit einer der drei Figuren, die auf dem sogenannten Bergmannsgestühl stehen. „Es ist ein Bergmann als Wappenträger“, erzählt Tino Simon. Dass es ein Bergmann sein soll, ist von vorn nicht gleich erkennbar. Dreht man die Figur aber um, so sieht man ein großes Arschleder, was klar Auskunft über den Beruf des Mannes gibt. Stammt die mittlere Figur auf dem Gestühl noch von 1520, ist der Wappenträger von 1546, was auch deutlich am Wappen abzulesen ist.

„Damit rutscht er gerade noch in unsere Untersuchungen hinein“, sagt Tino Simon. Denn man beschäftigt sich ausschließlich mit den Darstellungen, die bis 1550 geschaffen wurden.

Damit wird seit vergangenem Oktober ein Projekt fortgesetzt, welches sich bereits 2022 mit den Figuren der Jungfrauen beschäftigte. Nun sind weitere Darstellungen dran. So füllt sich eine große Datenbank immer weiter, welche schließlich einen großen Überblick über die Holzkunst im Erzgebirge beiderseits der Grenze liefern soll.

Einige interessante Dinge konnten über die Bergmannsfiguren bereits herausgefunden werden. „So scheint der Bart des einen Wappenträgers heute braun“, erklärt der Fachmann. „Doch war er im Original einmal grau.“ Auch am Wappen wurden weitere Farbschichten aufgetragen, aber nicht überall. Und die zweite Bergmannsfigur offenbarte sogar, dass der auffällige Schnauzer, den sie unter der Nase hat, erst viel später hinzugefügt worden war. „Im Original war der Herr glattrasiert“, ist sich Simon sicher. Die Rekonstruktion der Originalfarben am Computer zeigt außerdem, wie knallig bunt die Figuren einst leuchteten. Noch bis Oktober dauern die Arbeiten an. |wjo